Baurecht: Verstoß gegen die EnEV ist ein Mangel

RA Martin Haucke, RAe Dr. Hantke & Partner

Interessante Entscheidung aus Stuttgart: Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte bereits am 30.04.2020 (13 U 261/18) entschieden, dass ein Verstoß gegen die EnEV zugleich auch ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik ist. Damit ist ein Verstoß gegen die EnEV ein Mangel. Der Bundesgerichtshof hat nun die gegen die Entscheidung gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 16.12.2020 (VII ZR 77/20) zurückgewiesen. Somit ist die Entscheidung aus Stuttgart rechtskräftig.

Um was ging es?

Die Kläger erwarben eine von der Beklagten neu errichtete Wohnung, die im Rahmen eines größeren Bauvorhabens zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgarage hergestellt wurde. Die Kläger monierten, dass drei Wohnräume (Diele, Abstellraum und Flur) nicht über eigene regelbare Heizkreise verfügen, sondern lediglich an die übrigen Heizkreise angeschlossen und daher nicht gesondert zu regulieren sind. Hierfür beanspruchten die Kläger unter anderem die Zahlung eines Vorschusses zur Beseitigung dieser Beanstandungen von mehr als 50.000,00 EUR.

Entscheidung des Gerichts?

Das Landgericht und Oberlandesgericht Stuttgart gaben den Klägern Recht. Der Bundesgerichtshof wies die Berufung der Beklagten zurück.

Gestützt hat das Oberlandesgerichts Stuttgart seine Entscheidung auf das Vorliegen eines Sachmangels. Denn die Baubeschreibung sah u.a. vor, dass alle Wohnungen mit einer Fußbodenheizung ausgestattet und raumweise über Thermostate regelbar sein sollten. Da einzelne Fußbodenheizungen in den Räumen nicht gesondert gesteuert werden konnten und auch nicht in allen Räumen Thermostate installiert waren. Das Gericht sah darin eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit.

Darüber hinaus stellte das Oberlandesgericht einen Verstoß gegen die EnEV (jetzt das Gebäudeenergiegesetz) fest. Denn § 14 Abs. 2 EnEV (2009) bestimme, dass heizungstechnische Anlagen mit Wasser als Wärmeträger beim Einbau in Gebäude mit selbsttätig wirkenden Einrichtungen zur raumweisen Regelung der Raumtemperatur ausgestattet werden müssen. Ziel der EnEV sei eine Verringerung der Heizkosten sowie ein ökonomisches Beheizen von Wohnraum. Eine parzellierte Beheizung und Regulierung einzelner Fußbodenheizschlingen sei aber in den betroffenen Räumen (Diele, Abstellraum und Flur) nicht möglich. Daher widerspricht die Installation der Fußbodenheizung der EnEV, sodass ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik und damit ein technischer Mangel vorliegt.

Interessant für den Erwerber und Bauträger/Bauunternehmer

Das Gericht verurteilte also den Bauträger zur Zahlung von Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung an die Kläger. Der Unternehmer wandte im Prozess die Unverhältnismäßigkeit nach § 635 BGB ein, da die Kosten einer Mängelbeseitigung bei über 50.000,00 EUR lag und die betroffenen Räume nur Nebenräume waren und ja zumindest auch beheizbar waren. Insgesamt lehnte das Oberlandesgericht Stuttgart den Einwand der Unverhältnismäßigkeit zurück und bewertete das Interesse der Kläger an einer Beseitigung des Mangels höher.

Zu beachten ist aber in jedem Fall, dass nicht „jeder Verstoß“ gegen die EnEV automatisch einen technischen Mangel darstellt. So dürften bspw. rechnerischen Abweichungen aufgrund der Berechnungsverfahren der EnEV nicht zwingend einen Mangel darstellen. Hier besteht ja nicht zwingend ein tatsächlicher Mangel, sondern nur eine theoretische/mathematische Abweichung von einer Vorgabe, die die EnEV macht. Das muss nicht zwingend, kann aber im Einzelfall, ein Baumangel sein.

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