Baurecht: Unwirksamkeit von Hinterlegungsklauseln im Bauträgervertrag

RA Martin Haucke, RAe Dr. Hantke & Partner

Immer wieder wird in Bauträgerverträgen geregelt, dass die letzte Kaufpreisrate vor Übergabe des Kaufgegenstandes auf ein Notaranderkonto zu zahlen ist. Nach einer Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 16.07.2020 (Az.: 8 U 61/19) sind solche Klauseln unwirksam. Die Entscheidung ist auf der Plattform IWW hier veröffentlicht.

Um was ging es?

In dem gerichtlichen Verfahren ging es neben Mängeln auch um die Freigabe des auf dem Notaranderkonto hinterlegten Betrages. Der Beklagte hatte eine neu zu errichtende Eigentumswohnung von der Klägerin erworben und abgenommen. Hierfür hatte u.a. auch die letzte Kaufpreisrate auf einem Notaranderkonto eingezahlt. Wegen Mängeln gab der Beklagte die Zahlung des Betrages der letzten Rate nicht frei.

Der klagende Bauträger verlangte die Feststellung, dass seine Bauleistungen mangelfrei sind. So wollte der Bauträger die Freigabe der hinterlegten letzten Rate an sich erzielen. Der Beklagte verlangte widerklagend, die Freigabe des von ihm hinterlegten Betrages der letzten Rate an sich.

Entscheidung

Das Hanseatische Oberlandesgericht bestätigte die landgerichtliche Entscheidung. Das Landgerichte hatte die Widerklage als begründet angesehen, da die Zahlung der letzten Kaufpreisrate auf das Notaranderkonto rechtsgrundlos geleistet worden sei.

Denn „eine im Bauträgervertrag vorformulierte Vertragsbestimmung, wonach der Erwerber einer Wohnung die letzte Rate des Erwerbspreises vor Übergabe des Kaufgegenstands auf ein Notaranderkonto zu zahlen hat, ist gemäß § 309 Nr. 2a BGB unwirksam“, so das Hanseatische Oberlandesgericht.

Im Bauträgervertrag war nämlich geregelt, dass die letzte Kaufpreisrate vor Übergabe auf das Notaranderkonto zu zahlen. Das sei gemäß § 309 Nr. 2 lit. a) BGB unwirksam, weil hierdurch das Zurückbehaltungsrecht – nämlich die Ausübung eines Leistungsverweigerungsrechts gemäß § 320 BGB wegen etwaige Baumängel – eingeschränkt sei.

Damit führt das Gericht eine doch recht alte BGH-Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1984, Az.: VII ZR 248/83) fort. Das ist insoweit interessant, als dass es damals die Regelung in § 648a BGB a.F. (jetzt abgewandelt in § 650f BGB) zur Bauhandwerkersicherungshypothek noch nicht gab. Diese Regelung schütze nach der Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgericht nämlich den Unternehmer und sichere dessen Anspruch auf den Werklohn unter Wahrung der Interessen des Bestellers.

Anders sei dies bei der Hinterlegung der Schlussrate auf einem Notaranderkonto. Hierbei würden die Interessen der Erwerber nur unzureichend geschützt, da die Ausübung des Leistungsverweigerungsrecht durch den Erwerber wesentlich erschwert wird. Er kann nämlich nicht einfach Geld zurückbehalten, sondern muss die Freigabe des auf dem Notaranderkonto hinterlegten Betrages von dem Bauträger verlangen und notfalls gerichtlich geltend machen.

Fazit

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist völlig richtig. Grundsätzlich hat der Bauträger oder Bauunternehmer vorzuleisten – so will es das Gesetz. Erst wenn das Werk fertig ist, darf eine Zahlung beansprucht werden. Viele Bauträger oder Bauunternehmer vereinbaren (zulässigerweise) Abschlagszahlungen nach Baufortschritt. Das ist auch nachvollziehbar, da der Bauträger oder Bauunternehmer bei der Errichtung eines Hauses erhebliche Kosten vorstrecken muss. Ohne Abschlagszahlungen kann dann schnell die Solvenz solcher Unternehmen in Gefahr geraten.

Genau dieses Prinzip – erst Leistung, dann Geld – wird durch die Hinterlegung der letzten Schlussrate vor Übergabe der Wohnung aber ausgehebelt. Denn der Erwerber hat nach Hinterlegung keinen direkten Zugriff mehr auf die Schlussrate, er ist dann aber auch noch nicht im Besitz des Kaufgegenstandes.

Immer wieder liegen mir Bauträgerverträge vor, die unzulässige Klauseln enthalten – manchmal mit teilweise dramatischen Folgen. Gerne berate oder unterstütze ich Sie bei der Prüfung entsprechender Klauseln.

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