Phantomlohn und geringfügige Beschäftigung – Gefahren bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen

RA Dr. Kühnemund, RAe Dr. Hantke & Partner

Es gibt einen Grundsatz im Arbeitsrecht, den allerdings viele Arbeitgeber nicht kennen oder außer Acht lassen: Auch eine geringfügige Beschäftigung, ein sog. Minijob, ist ein normales Arbeitsverhältnis. Alle Regeln, die für einen Arbeitnehmer mit einem Vollzeitjob gelten, gelten auch für den „Minijobber“. Nur bei Lohnsteuer und Sozialversicherung gibt es Unterschiede.

Keine Unterschiede gibt es bei der Frage von Urlaub, Urlaubsentgelt und Entgeltfortzahlung an Feiertagen und bei Krankheit.
Arbeitet ein Minijobber z.B. immer Montags von 16.00 bis 20.00 Uhr, bekommt er diese Stunden auch vergütet, wenn der betreffende Montag ein gesetzlicher Feiertag ist oder wenn er sich an diesem Tag ordnungsgemäß arbeitsunfähig krank meldet.

Und der Minijobber (natürlich auch die Minijobberin, aber wenn ich jetzt anfangen würde, zu gendern, wäre der Text nicht mehr lesbar) hat auch Anspruch auf gesetzlichen Erholungsurlaub. Das sind mindestens 20 Arbeitstage im Jahr bei einer 5-Tage-Woche. Bei einer 1-Tage-Woche wären das also 4 Tage im Kalenderjahr.

Wie sieht es nun mit der Anzahl der Arbeitsstunden aus? Ein Minijob ist nur dann gegeben, wenn regelmäßig nicht mehr als 10 Stunden/Woche gearbeitet wird. Das multipliziert mit dem Mindestlohn hat dann zu den bis zum 31.12.2023 geltenden EURO 520,00 im Monat geführt, die als Grenze des Minijobs gelten. Danach gelangt man in die Zone der „Midi-Jobs“, aber das führt hier zu weit. Mit Anhebung des Mindestlohns auf EURO 12,41/Stunde per 1.1.2024 steigt auch die Grenze für den Minijob auf monatliche EURO 538,00.

Nun gibt es viele Arbeitgeber, die Minijobber mehr oder weniger nach Bedarf einsetzen. Diese Woche 4 Stunden, nächste vielleicht 10, dann wieder nur 2. Das ist grundsätzlich denkbar, dass muss aber im Arbeitsvertrag genaustens geregelt werden. Denn es gibt im Teilzeit- und Befristungsgesetz einen § 12. Der sagt etwas dazu, wieviel Arbeitszeit vergütet werden muss, wenn im Arbeitsvertrag nichts zu der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart worden ist. Und das sind gemäß § 12 Abs. 1 TzBfG 20 Stunden/Woche.
Beispiel: Sie schließen einen Vertrag über eine geringfügige Beschäftigung. Darin steht, dass der Arbeitnehmer EURI 12,41/Stunde bekommt. Beschäftigung nach Aufwand. Mehr steht da nicht. Das ist fatal, denn damit gilt die Regelung nach § 12 Abs. 1 TzBfG, wonach eine Arbeitszeit von 20 Stunden/Woche vereinbart ist. Und jetzt rechnen Sie mal: Das sind im Monat mehr als 80 Stunden, das multipliziert mit dem Mindestlohn sind knapp EURO 1.000; und damit ist das kein Minijob mehr, das Arbeitsverhältnis ist lohnsteuerpflichtig und sozialversicherungspflichtig.
Und wann fällt das auf: Genau, bei der Betriebsprüfung der Sozialversicherung. Der Prüfer läßt sich die Verträge der Minijobber vorlegen. Und wehe, dort findet sich keine Regelung zur wöchentlichen Arbeitszeit. Dann greift er auf die 20 Stunden/Woche zurück, die zu vergüten gewesen wären und berechnet danach die abzuführenden Beiträge, die dann vom Arbeitgeber sämtlichst nachzuentrichten sind. Ein teures Vergnügen.

Daher die dringende Empfehlung: Vereinbaren Sie im Arbeitsvertrag über einen Minijob auf jeden Fall konkrete Regelungen zur Arbeitszeit, mindestens die Regelung, dass die maximale Arbeitszeit 10 Stunden/Woche beträgt. Dann haben Sie nicht die Gefahr des „Phantomlohns“, also der Berechnung für niemals geleistete aber nach dem Gesetz zu vergütende Arbeitszeiten.

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