WEG-Recht: Die Reform des Wohnungseigentumsrechts II

RA Dr. Kühnemund, RAe Dr. Hantke & Partner

Am 17. September 2020 hat der Bundestag (endlich) die Reform des WEG-Gesetzes verabschiedet, nachdem der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am 27. Mail 2020 zahlreiche Sachverständige gehört hatte. Der Ausschuss hatte dann am 16. September 2020 abschließend beraten und noch einige Änderungen empfohlen, die der Bundestag dann am 17. September 2020 beschlossen hat. Der Bundesrat sah sich aber außer Stande, dieses Vorhaben unter Verzicht auf alle Fristen am 18. September 2020 zu beraten; das ist jetzt für den 9. Oktober 2020 vorgesehen. Wenn dann alles ohne Probleme läuft, treten die die Regelungen voraussichtlich am 1. Dezember 2020 in Kraft. Dabei waren einige sinnvolle, aber auch einige unsinnige Themen.

Nachfolgend wollen wir einen kurzen Überblick über wesentliche Änderungen geben:

Bauliche Veränderungen

Wie schon in den vergangen Wochen verschiedentlich der Presse zu entnehmen war, sind die Regelungen zur Vornahme baulicher Veränderungen grundlegend geändert worden. Vereinfacht gesagt, kann jede bauliche Veränderung mehrheitlich beschlossen werden. Wer dieser nicht zustimmt, darf aber keine Vorteile daraus ziehen, muss aber auch nicht die Kosten hierfür tragen. Weitere Besonderheiten gibt es für bauliche Veränderungen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, dem Einbruchschutz und dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen. Dieses im Detail darzustellen, würde aber den Umfang dieses Artikels sprengen. Nur soviel dazu: Der Bundestag hat die Änderung auf den letzten Metern mit solcher Geschwindigkeit verabschiedet, damit Eigentümer, die z.B. eine Ladestation für E-Autos einbauen wollen, dieses noch in 2020 unter Nutzung der Umsatzsteuer-Reduzierung machen können.

Erleichterung der Versammlung

Die Eigentümer sollen zukünftig beschließen können, dass die Teilnahme an einer Versammlung auch „online“ möglich sein soll. Der Wortlaut ist ein wenig missverständlich, nach der Begründung soll ein solcher Beschluss aber für alle Versammlungen in der Zukunft möglich sein. Wie das im einzelnen ausgestaltet werden soll, bleibt abzuwarten. Letztlich muss aber eine Kommunikationsplattform gewählt oder geschaffen werden, die eine Teilnahme sicher und unterbrechungsfrei garantiert. Ich warte ja schon gespannt auf folgenden Anfechtungsfall: Eigentümer X sitzt am Flughafen und nimmt über eine digitale Plattform live an der Versammlung teil. Und hinter ihm sitzen zahlreiche andere Fluggäste und verfolgen das Geschehen interessiert. Das würde jedenfalls dem Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung erheblich zuwiderlaufen.

Möglich ist zukünftig auch, über bestimmte Themen im Umlaufverfahren mehrheitlich zu beschließen. Als Form ist hier in Zukunft die Textform ausreichend, ein Umlaufbeschluss kann also auch über E-Mail oder eine App gefasst werden. Und nach dem Willen des Gesetzgebers können die Eigentümer in einer Versammlung z.B. im April beschließen, dass der Verwalter für die Sanierung des Treppenhauses noch zwei weitere Angebote einholen soll. Und über die Vergabe des Auftrags soll dann im Umlaufverfahren mehrheitlich beschlossen werden. Diese Mehrheit im Umlaufverfahren gilt nur für konkrete, vorher beschlossene Themen.

Der neue Verwalter

Komplett geändert wurde die Stellung des Verwalters. Nachdem mit der Reform 2007 die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft in Gesetzesform gegossen worden war, hatte man die konsequente Anpassung der Verwalterstellung versäumt: Jede Gesellschaft, ob Kapitalgesellschaf oder Personengesellschaft, braucht Organe, die für sie handeln.

Und das ist jetzt nach § 9a WEG n.F. der Verwalter. Er vertritt die WEG gerichtlich und außergerichtlich. Lediglich beim Abschluss von Grundstückskaufverträgen oder Darlehensverträgen soll es eines gesonderten Beschlusses bedürfen. Ansonsten ist der Verwalter „das Organ, der Vertreter“ der Gemeinschaft und diese Vertretungsbefugnis kann auch nach außen nicht durch Beschluss eingeschränkt werden. Anders sieht es im Innenverhältnis aus. Im Innenverhältnis darf er ohne Beschlussfassung der Gemeinschaft nur Notmaßnahmen treffen und Maßnahmen „untergeordneter Bedeutung, die nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen“. Wann eine Maßnahme von untergeordneter Bedeutung ist, soll sich immer nach den konkreten Umständen der Anlage bemessen. Bei 10 Einheiten haben 10.000 EUR eine andere Bedeutung als in einer Anlage mit 145 Einheiten, so jedenfalls die Gesetzesbegründung.

Zusätzlich muss ein Verwalter jetzt nach § 26a WEG n.F. zertifiziert sein. Nur die Wahl eines solchen zertifizierten Verwalters soll zukünftig (nach einer Übergangsfrist) ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Die Zertifizierung soll aber etwas ganz anderes sein, als die notwendige Sachkundeprüfung, die ein Verwalter für seine Gewerbeerlaubnis braucht. Ob das sinnvoll war, neben dem bestehenden Sachkundenachweis noch ein weiteres Qualifikationssystem einzuführen, darf bezweifelt werden. In den Gesetzestext hineingekommen ist das auch erst auf den letzten Metern, kurz vor Verabschiedung des Textes im Bundestag.

Es kommen spannende Zeiten auf Wohnungseigentümer und Verwalter zu. Ob das Gesetz „gut“ ist, oder nur weitere Zweifelsfragen aufwirft, werden wir in 10 Jahren sehen, wenn die letzten offenen Fragen vom Bundesgerichtshof geklärt sind.

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