Baurecht: Weiterhin Rechtsunsicherheit aufgrund des Urteils des EuGH zur HOAI!

RA Martin Haucke, RAe Dr. Hantke & Partner

Nach der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 ist in der juristischen Literatur und vor allem in der Rechtsprechung derzeit umstritten, welche unmittelbaren Auswirkungen die Entscheidung des EuGH hat.

Zur Erinnerung: Der EuGH hat mit Urteil vom 04.07.2019 festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland durch die Beibehaltung verbindlicher Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren gegen Europarechte verstoße. Problematisch sei insbesondere, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen die in Art. 15 der Dienstleistungsrichtlinie geregelte Niederlassungsfreiheit verstoße.

Es stellte sich nun aber die Frage, was die Folge dieses feststellenden Urteils ist. Denn das Urteil hat keinen direkten Einfluss auf die in der HOAI festgeschriebenen Regelungen. Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure existiert weiterhin in unveränderter Form. Der EuGH überlässt es letztlich dem verurteilten Mitgliedsstaat die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen um die Verletzung des Unionsrechts zu beseitigen, sodass die Entscheidung des EuGH nicht zur Unanwendbarkeit der Mindestsatzregeln führe, sodass insbesondere § 7 HOAI weiterhin vor den Instanzgerichten anwendbar sei. So sahen es bspw. das OLG Hamm mit Urteil vom 23.07.2019 (AZ: 21 U 24/18) oder auch OLG München mit Beschluss vom 08.10.2019 (AZ: 20 U 94/19). Anders sehen es bspw. das OLG Schleswig mit Urteil vom 25.10.2019 (AZ: 1 U 74/18) und das OLG Celle mit Urteil vom 08.01.2020 (AZ: 14 U 96/19), nach deren Auffassung Regelungen zu den Mindestsätzen der HOAI wegen Verstoßes gegen europäisches Gemeinschaftsrecht nicht mehr anwendbar sei.

Der Bundesgerichtshof wird sich demnächst mit der Frage auseinandersetzen. Am 14.05.2020 sind im Hinblick auf die Revisionsverfahren zu den Entscheidungen des OLG Hamm und des OLG Celle die mündlichen Verhandlungen anberaumt. Hier geht es zu der letzten Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs.

Die zuletzt genannten Auffassungen des OLG Schleswig und OLG Celle scheint zumindest auch eine Kammer des Landgerichts Hamburg so zu vertreten. In einem kürzlich von uns vor dem Landgericht Hamburg geführten Verfahren haben wir einen Architekten als Auftragnehmer vertreten. Dieser war von einer Architektin auf Basis einer mündlichen Vergütungsvereinbarung zu einem bestimmten Stundensatz beauftragt worden für zwei Bauvorhaben Zuarbeit zu leisten. Zwischen den Architekten kam es zum Streit. Der Architekt erstellte seine Rechnungen auf Basis der geleisteten Stunden, die Architektin zahlte jedoch einen Teil der Rechnungen nicht. Bei Klagerhebung gab es die Entscheidung des EuGH allerdings noch nicht, sodass die mündliche Vergütungsvereinbarung gem. § 7 Abs. 1 HOAI mangels schriftlicher Vereinbarung als unwirksam bewertet wurde, sodass die Klage auf Basis einer nach den Mindestsätzen der HOAI erstellten Schlussrechnung geführt wurde. Nachdem die Entscheidung des EuGH aufkam, wies das Landgericht Hamburg darauf hin, dass es die Rechtsauffassung der oben zitierten Entscheidung des OLG Celle (AZ: 14 U 96/19) teile. Auf die Mindestsätze könne wegen des EuGH-Urteils nicht zurückgegriffen werden.

Interessant war in dem Zusammenhang vor allem, dass auch das Landgericht Hamburg (genau wie das OLG Celle auch) die Mindestsätze der HOAI grundsätzlich auch nicht als übliche Vergütung gem. § 632 Abs. 2 Var. 2 BGB ansah. Das OLG Celle hält es für erforderlich, dass ein geltend gemachter Anspruch auf die übliche Vergütung zumindest auf tragfähige tatsächliche Feststellungen gestützt wird. Es reiche demnach nicht aus lediglich zu behaupten, dass die Mindestsätze der HOAI die übliche Vergütung abbilden. Einem entsprechenden Beweisantrag für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Behauptung ist das OLG Celle nicht nachgegangen. Es erachtete den Vortrag des Klägers als nicht ausreichend und war der Auffassung, der Beweisantrag liefe auf eine unzulässige Ausforschung hinaus:

„Der Beklagte hat seinen Vergütungsanspruch weder auf Honorarbefragungen gestützt, noch durch andere Erhebungen begründet. Es ist vollkommen unklar, welche tragfähigen tatsächlichen Feststellungen der Beklagte seiner Behauptung zugrunde legt. Für den angebotenen Sachverständigenbeweis fehlen daher Anknüpfungstatsachen; er liefe auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.“

Wenn bei einem Architektenvertrag eine Vergütung nicht ausdrücklich vereinbart wird, dann gilt diese gemäß § 631 Abs. 1 BGB als stillschweigend vereinbart, da es sich beim Architektenvertrag um einen Werkvertrag handelt. Gem. § 632 Abs. 2 BGB gilt dann die übliche Vergütung als vereinbart. Wenn nun der Kläger darauf basierend seinen Vergütungsanspruch geltend machen will, dann muss er nach der oben zitierten Rechtsprechung, die einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem jahr 2006 (BGH, Urteil vom 10.10.2006, X ZR 42/06) folgt, substantiiert zu der üblichen Vergütung vortragen. Hiernach müsste dann beispielsweise eine Honorarbefragung der Architektenkammer oder ein Privatgutachten vorgelegt werden.

Es kann daher nur jedem Architekten empfohlen werden vor Beginn seiner Tätigkeit eine konkrete schriftliche Vereinbarung zu schließen.

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