WEG-Recht: Immer mal wieder – Der Fahrstuhl im Altbau

RA Dr. Kühnemund, RAe Dr. Hantke & Partner

Im Herbst 2017 hatten wir uns hier mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes auseinandergesetzt, die sich mit dem Anspruch eines Wohnungseigentümers auf nachträglichen Einbau eines Personenaufzugs beschäftigte. Es gibt jetzt aus dem September 2018 eine interessante Entscheidung des Landgerichts Hamburg (Beschluss vom 19.09.2018 – 318 S 71/17), die dieses Thema sehr anschaulich aufgreift.

Aus dieser Entscheidung des Landgerichts ergibt sich insgesamt ein Leitfaden, wie der Einbau von Personenaufzügen beschlossen werden kann.

Vorweg: Auf den Einbau eines Personenaufzuges (vereinfacht ausgedrückt eines Fahrstuhls) gibt es keinen Anspruch. Er kann zwar mit einer sogenannten doppelt qualifizierten Mehrheit im Sinne einer Modernisierung beschlossen werden (dazu gleich). Kommt diese doppelt qualifizierte Mehrheit aber nicht zustande, kann der antragstellende Eigentümer diesem Negativbeschluss nicht anfechten und verlangen, dass das Gericht ihm den Einbau eines solchen Personenaufzuges gestatte. Denn, das hatte der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 13.01.2017 deutlich gemacht: Durch den Einbau eines solchen Fahrstuhls erwachse den übrigen Miteigentümern ein Nachteil, den sie nicht hinnehmen müssten, wenn nicht die notwendige Mehrheit für eine Modernisierung erreicht wird.

Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg betraf daher auch einen anderen Fall: Dort ging es nicht darum, dass ein einzelner Eigentümer den Einbau eines Fahrstuhls gegen die Stimmen der Mehrheit verlangte. Dort hatten vielmehr die Wohnungseigentümer nach § 22 Abs. 2 WEG im Rahmen einer Modernisierung den Einbau eines Fahrstuhls beschlossen. § 22 Abs. 2 WEG sieht vor, dass Maßnahmen, die einer Modernisierung oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen, mit einer Mehrheit von 3/4 aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen werden können, wenn sie die Eigenart der Wohnanlage nicht verändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen. Um eine Modernisierung beschließen zu können, bedarf es also einer sog. doppelt qualifizierten Mehrheit (3/4 aller Stimmen, die gleichzeitig mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile darstellen). Im vorliegenden Fall war diese doppelt qualifizierte Mehrheit erreicht worden. Einer der unterlegenen Eigentümer focht den Beschluss aber an. Im Ergebnis erfolgreich, was allerdings lediglich auf Formalitäten der Beschlussfassung beruhte. Wenn man es "richtig" macht, kann die Entscheidung des Landgerichts als Leitfaden dafür dienen, wie ein Fahrstuhleinbau mit einer entsprechenden Mehrheit umgesetzt werden kann.

Das Landgericht kommt nämlich zutreffend zu dem Schluss, dass der nachträgliche Einbau eines Fahrstuhls in ein Treppenhaus zunächst einmal unproblematisch eine Maßnahme der Modernisierung im Sinne der Vorschrift ist. Es würden die allgemeinen Wohnverhältnisse erhöht und der Einbau eines solchen Innenfahrstuhls stelle auch eine Gebrauchswerterhöhung im Sinne der Vorschrift dar. Durch den Einbau eines solchen innenliegenden Fahrstuhls würde auch die Eigenart der Wohnanlage nicht beeinträchtigt. Unter der Eigenart verstehe man das charakteristische Aussehen eines Gebäudes oder die typische Nutzung. Insoweit bedürfe es einer Würdigung der konkreten Umstände im Einzelfall. Vorliegend kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Aufzugsanlage ja nicht außen an der Fassade geführt werden solle, also von außen bereits das Aussehen des Gebäudes überhaupt nicht beeinträchtigt würde. Das Gericht setzt sich dann sehr intensiv damit auseinander, wie sich der Fahrstuhl in das Treppenhaus einfügt und kommt zu dem Schluss, dass der Fahrstuhl im vorliegenden Fall jedenfalls die Eigenart der Wohnanlage nicht beeinträchtige.

Der Einbau eines solchen Innenfahrstuhls führte aus Sicht des Gerichtes auch nicht zu einer unbilligen Beeinträchtigung der Kläger, die, so lässt es sich den Entscheidungsgründen entnehmen, wohl Eigentümer einer Erdgeschosswohnung waren. Dieser Erdgeschosseigentümer argumentiert damit, er habe keinen Vorteil von dem Fahrstuhl, sei aber durch das Schließen der Fahrstuhltür und die Fahrgeräusche am meisten betroffen, weil der Fahrstuhl halt immer im Erdgeschoss halte. Das ließ das Gericht als unbillige Beeinträchtigung nicht ausreichen.

Die formalen Probleme, die den Beschluss letztlich zu Fall brachten, lagen auf anderer Ebene: Die Eigentümer hatten es dem Beirat in Abstimmung mit dem Verwalter überlassen, welches der vorliegenden Angebote beauftragt werden sollte. Das war eine unzulässige Delegation der Entscheidungsbefugnisse, was bereits zur Nichtigkeit des Beschlusses führte. Darüber hinaus sollte der Fahrstuhl nur einzelnen Eigentümern, nämlich jenen, die sich an den Kosten beteiligten, zur Verfügung stehen. Das wiederum stellt eine unzulässige Einräumung eines Sondernutzungsrechtes dar, wie es auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung aus 2017 bereits festgestellt hatte. Sodann gab es noch weitere Fehler bei der Verteilung der zukünftigen Instandhaltungskosten, die letztlich ebenfalls zur Nichtigkeit des Beschlusses geführt haben.

Insgesamt aber liest sich diese Entscheidung wie ein Leitfaden, mit welchem sich solche Fahrstuhleinbauten zukünftig durchaus umsetzen lassen. Anders sieht es wohl von vornherein aus, wenn ein Fahrstuhl an der Außenseite des Gebäudes angebracht werden soll; denn das führt auf jeden Fall zu einer optischen Veränderung des Gebäudes und somit auch sehr schnell zu einer unzulässigen Änderung der Eigenart der Wohnanlage.

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