Keine Vollmacht des Verwalters für die Bewilligung von Dienstbarkeiten

RA Dr. Kühnemund, RAe Dr. Hantke & Partner

Nach der Reform durch das WEMoG ist die Vertretungsmacht des Verwalters der GdWE erheblich erweitert worden. Nach § 9b WEG vertritt der die Gemeinschaft vollumfänglich gerichtlich und außergerichtlich. Nur beim Abschluss von Grundstückskaufverträgen oder von Darlehensverträgen braucht er einen Beschluss der Eigentümer.

Wie sieht es aber bei der Bewilligung von Dienstbarkeiten am „Gemeinschaftsgrundstück“ aus. Das scheint ein nicht ganz seltener Fall zu sein, denn es gibt aus dem letzten Jahr drei Entscheidungen hierzu. Und auch wir haben aktuell einen Fall, in dem ein Nachbar von einer GdWE die Eintragung eines Wegerechtes erbittet. Wie schwierig diese Materie sein kann, zeigt sich darin, dass der erste Vertragsentwurf zur Bestellung der Dienstbarkeit tatsächlich noch die GdWE als Eigentümer des Grundstückes und als diejenige Person vorsah, welche die Eintragung der Grunddienstbarkeit bewilligen sollte.

Das ist aber bereits der falsche Ansatz, denn das Grundstück an sich gehört ja nicht der GdWE als rechtsfähiger Person. Das Grundstück gehört vielmehr sämtlichen Wohnungseigentümern zu Bruchteilen, oder, wie es im WEG heißt: zu Miteigentumsanteilen.

Und nur der-/diejenige, der/die im Grundbuch eingetragen ist, kann letztlich eine Veränderung von Rechten bewilligen: Wollen die Eigentümer einen Teil ihres Grundstückes verkaufen, z.B. als Überfahrt für ein Nachbargrundstück, dann ist Vertragspartner hierbei nicht die GdWE, sondern alle Miteigentümer müssen diesen Vertrag am Ende unterschreiben.

Und genau so ist es bei der Bewilligung einer Grunddienstbarkeit. Da es sich um ein Recht an dem Grundstück handelt, muss diese von allen Eigentümern bewilligt werden, und nicht von der GdWE.

Diese Unterscheidung wird leider nicht immer beachtet und auch von Gerichten völlig falsch gehandhabt. So hatte das OLG Nürnberg (Beschl. v. 12. 7. 2021 – 15 W 2283/21) einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Wohnungseigentumsverwalter für das Gemeinschaftsgrundstück die Eintragung einer Grunddienstbarkeit für den Nachbarn bewilligt hatte, und zwar Namens der Gemeinschaft. Das Grundbuchamt wies den Eintragungsantrag zurück mit dem Argument, die GdWE sei nicht Eigentümerin. Das OLG Nürnberg sah das anders:  Das Grundbuchamt dürfe die Eintragung der Grunddienstbarkeit nicht von der Vorlage der Bewilligung aller Wohnungseigentümer abhängig machen, da der Verwalter als der gesetzliche Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft die Bewilligung für diese aufgrund seiner unbeschränkten Vertretungsmacht wirksam abgegeben könne. Abgesehen von Grundstückskäufen habe der Verwalter uneingeschränkte Vertretungsmacht für die Abgabe sämtlicher im Verkehr mit dem Grundbuchamt vorkommender Eintragungsbewilligungen.

Das ist falsch, und so haben es denn auch richterweise das OLG München (Beschluss vom 5.8.2022 – 34 Wx 301/22) und das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 30.12.2022 – 14 W 59/22 (Wx) - zitiert nach BeckOnline) herausgearbeitet. Nach § 9b Abs. 1 WEG vertrete der Verwalter zwar die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, nicht aber die Wohnungseigentümer selbst. Für die Eintragung oder Änderung einer Dienstbarkeit sei daher die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer gegenüber dem Grundbuchamt erforderlich.

Gegenstand der Belastung durch eine Grunddienstbarkeit, deren Inhalt das gemeinschaftliche Eigentum betrifft, sei das Grundstück als Ganzes. Die Belastung stelle eine Verfügung über dieses im Sinne von § 747 BGB dar, keine Verwaltungsmaßnahme nach § 18 I WEG. Die diesbezügliche Bewilligungsberechtigung iSv § 19 GBO komme daher allein den Wohnungseigentümern als Bruchteilseigentümer zu, nicht dem Verwalter als Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft. Es liege auch keine Ausübung sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebender Rechte sowie solcher Rechte der Wohnungseigentümer vor, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern, § 9a II WEG. Der Wohnungseigentümergemeinschaft sei nur die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zugewiesen, nicht aber die Entscheidung über das sachenrechtliche Grundverhältnis.

Dem ist nichts hinzuzufügen, so sieht es auch die ganz überwiegende Ansicht in der Literatur. Das OLG Nürnberg hat sich hier ganz gehört „verrannt“ und die Grundlagen des Wohnungseigentumsrechts völlig aus dem Blick verloren.

 

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