Aktuelle Entscheidung des BGH zum Selbstbehalt in der Gebäudeversicherung

Aktuelle Entscheidung des BGH zum Selbstebehalt in der Gebäudeversicherung

RA Dr. Kühnemund, RAe Dr. Hantke & Partner

Gestern flimmerte die Pressemeldung des Bundesgerichtshofs zu der o.g. Entscheidung über die Bildschirme. Und diese Entscheidung ist ein paar kurze Anmerkungen wert.

Es geht um den Selbstbehalt der Wohnungseigentümergemeinschaft bei einer Gebäudeversicherung im Schadenfall. Konkret hatte die Gemeinschaft eine Gebäudeversicherung abgeschlossen, die neben anderen Risiken auch Leitungswasserschäden abdeckte, also eine sog. verbundene Gebäudeversicherung. Wie bei Wohnungseigentumsanlagen üblich, deckte die Versicherung sowohl das Gemeinschaftseigentum, wie auch das Sondereigentum ab. In bestimmten Einheiten kam es vermehrt zu Leitungswasserschäden. Diese wurden instandgesetzt, die Versicherung in Anspruch genommen und der Selbstbehalt, zuletzte EURO 7.500 je Schadenfall, wurde in der Jahresabrechnung nach Miteigentumsanteilen auf alle Eigentümer verteilt. Das gefiel der Klägerin nicht, in deren Einheit es noch nie zu einem solchen Leitungswasserschaden gekommen war. Sie war der Ansicht, der Selbsthalt müsse alleine von den Eigentümern getragen werden, in deren Einheiten der Schaden aufgetreten oder entstanden war.

Das sieht der Bundesgerichtshof anders, und die Überlegugnen sind durchaus nachvollziehbar. Die Entscheidung für einen Selbstbehalt im Versicherungsvertrag sei regelmäßig damit verbunden, dass die Gemeinschaft als Versicherungsnehmerin eine herabgesetzte Prämie zu zahlen hat. Das sei für die Wohnungseigentümer wegen der damit einhergehenden Verringerung des Hausgeldes wirtschaftlich sinnvoll. Von sonstigen Fällen einer bewussten Unterversicherung unterscheide sich der Selbstbehalt wegen des typischerweise überschaubaren und genau festgelegten Risikos. Grundlage der Entscheidung zugunsten eines Selbstbehalts sei dabei die Erwartung der Wohnungseigentümer, dass dieses durch Mehrheitsentscheidung eingegangene Risiko für alle vom Versicherungsumfang erfassten Sachen gemeinschaftlich getragen würde. Oder, anders ausgedrückt: Durch den Selbstebehalt sinkt die Prämie, wodurch auch alle Eigentümer sparen. Damit müssen sich auch alle Eigentümer daran beteiligen, sofern sich das Risiko eines Schadens und damit der Tragung des Selbstbehaltes verwirklicht. Das gilt auch dann, wenn ein Schaden ausschließlich im Sondereigentum eingetreten sein sollte, so ist jedenfalls bisher die Pressemeldung zu verstehen. Auch das macht Sinn: Alle sparen durch die niedrigere Prämie, also muss der Selbstbehalt auch dann von allen getragen werden.

Allerdings ließ der Bundesgerichtshof hier noch ein Hintertürchen offen und hat die Sache zur weiteren Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Es ging um die Frage, ob die Klägerin nicht jedenfalls für die Zukunft einen veränderten Verteilungsschlüssel beanspruche könnte, soweit Schäden weiterhin nur in anderen Wohnungen und vorwiegend im dortigen Sondereigentum auftreten. "Hierzu sind die Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG befugt. Ein Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers (wie der Klägerin) auf eine solche Beschlussfassung ist aber nur dann gegeben, wenn gemäß § 10 Abs. 2 WEG ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Da es insoweit an hinreichenden Feststellungen fehlt, hat der Bundesgerichtshof die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Für das weitere Verfahren hat er darauf hingewiesen, dass eine – im Vergleich zu den übrigen Eigentümern – unbillige Belastung der Klägerin in Betracht kommen könnte, wenn das (alleinige bzw. jedenfalls überwiegende) Auftreten der Leitungswasserschäden im Bereich der Wohneinheiten auf baulichen Unterschieden des Leitungsnetzes in den Wohneinheiten einerseits und der Gewerbeeinheit andererseits beruhen sollte. Nicht ausreichend wäre es demgegenüber, wenn die Ursache bei gleichen baulichen Verhältnissen in einem unterschiedlichen Nutzungsverhalten läge." (Q: Pressemitteilung 135/2022). Das ist also ein Sonderfall, der die generele Aussage dieser Entscheidung nicht wirklich relativiert. Für die tägliche Praxis gibt diese Entscheidung also eine sinnvolle Leitlinie.

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