Familienrecht: Auskunftsanspruch des Unterhaltspflichtigen auch bei überdurchschnittlichem Einkommen (BGH XII ZB 503/16)

RAin Julia Studt, RAe Dr. Hantke & Partner

In seinem Beschluss vom 15. November 2017 (Aktenzeichen: XII ZB 503/16) stellte der BGH klar, dass zur Regelung des nachehelichen Unterhalts ein Auskunftsanspruch des Unterhaltpflichtigen auch dann besteht, wenn dieser ein überdurchschnittliches Einkommen bezieht. Maßgebend sei für die Beurteilung allein, ob die Auskunft für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs Bedeutung haben könnte.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Nach 14 Ehejahren lebten die Ehegatten seit 2012 getrennt und betrieben nunmehr ein Verfahren über den Trennungsunterhalt. Die Ehefrau bezieht aufgrund einer Berufsunfähigkeit Rente und verlangte von ihrem Ehemann, einem Rechtsanwalt und Notar, der Seniorpartner in einer Sozietät ist, Auskunft über seine erzielten Einkünfte in den Jahren von 2013 bis einschließlich 2015. Der Ehemann erklärte sich für „unbegrenzt leistungsfähig“ und verweigerte die erbetene Auskunft. Daraufhin verlangte die Ehefrau im Wege des Stufenantrags die Auskunft über die Einnahmen sowie im nächsten Schritt die Vorlage der entsprechenden Belege. Das Amtsgericht Potsdam wies den Antrag durch Teilbeschluss ab, da die Ehefrau aufgrund ihres konkret zu beziffernden Unterhalts auf die Auskunft des Ehemannes nicht angewiesen sei. Auf die Beschwerde der Ehefrau hin hat das OLG Brandenburg ihrem Antrag weitestgehend stattgegeben, wogegen sich nunmehr der Ehemann mit der Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof wehrte.

Der BGH schloss sich nunmehr der Entscheidung des OLG an und bejahte einen Auskunftsanspruch der Ehefrau. Aus § 1580 S. 1 BGB resultiert ein Auskunftsanspruch der insoweit besteht, als er zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs notwendig ist. Zu beachten sind hierbei der Bedarf gemäß § 1578 BGB, die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten gemäß § 1577 BGB sowie die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten gemäß § 1581 BGB.

Ganz klar stellte der BGH hierbei heraus, dass für die Bejahung eines Auskunftsanspruchs die Möglichkeit genüge, dass die Auskunft Einfluss auf den Unterhalt haben könnte. Ein möglicher Einfluss auf den Unterhalt und damit ein Auskunftsanspruch sei lediglich dann zu verneinen, wenn die Ehegatten während des Zusammenlebens in so guten wirtschaftlichen Verhältnissen gelebt hätten, dass ein Teil der erwirtschafteten Einkünfte nicht für den laufenden Lebensunterhalt verwendet worden ist, sondern vielmehr zur Vermögensmehrung beigetragen hat. Es müssten demnach derart hohe Einkünfte erzielt worden sein, dass feststehen würde, dass die erteilte Auskunft unter keinem Gesichtspunkt irgendwelchen Einfluss auf den Unterhaltsanspruch und vor allem dessen Höhe haben könnte.

Im streitgegenständlichen Fall verneinte der BGH allerdings, dass diese Voraussetzungen vorliegen würden. So hatte der Ehemann zwar im Scheidungsantrag angegeben, ein monatliches Nettoeinkommen zwischen € 6.000 und € 7.000 zu beziehen, allerdings könnte angesichts dieser Höhe der Einkünfte noch nicht davon ausgegangen werden, dass hiervon nicht lediglich der laufende Lebensunterhalt gedeckt worden sei, sondern zusätzlich auch noch Einkommen der Vermögensbildung zugeführt worden sei.

Dass der Ehemann sich selbst auf eine „unbegrenzte Leistungsfähigkeit“ berief, habe nach Meinung des BGH lediglich Auswirkungen in der Gestalt, dass der Ehemann dadurch auf den Einwand der fehlenden oder eingeschränkten Leistungsfähigkeit verzichte. Es würde allerdings nicht dazu führen, dass der Unterhaltsbedarf ohne Rücksicht auf die Einkommenshöhe festgestellt werden könnte. Vielmehr bestimme sich der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen und demnach variiere auch die Höhe des Bedarfs von Einzelfall zu Einzelfall. Bei einem durchschnittlichen Einkommen würde allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, dass das Einkommen zur Deckung des laufenden Lebensunterhalts vollständig verbraucht wird und damit ein Auskunftsanspruch des Unterhaltsberechtigten gegen den Ehepartner besteht.

In einem letzten Schritt stellt der BGH dann Überlegungen zu der Frage an, ab welcher Einkommenshöhe diese tatsächliche Vermutung denn entfallen würde und damit auch ein Auskunftsanspruch, kommt hier jedoch zu keinem abschließenden Ergebnis. Auch die Frage, ab welcher Grenze der Unterhaltsbedarf damit konkret darzulegen ist um einen Auskunftsanspruch begründen zu können, beantwortet der BGH damit nicht abschließend.

Stellungnahme:

Relevant ist diese Entscheidung, da der BGH hier von seiner bisherigen Rechtsprechung abweicht. Bisher entfiel eine Auskunftspflicht, wenn der Verpflichtete sich für uneingeschränkt leistungsfähig erklärte. Auch wenn eine klare Aussage des BGH in der Praxis wünschenswert gewesen wäre, dürfte dem BGH im Ergebnis zuzustimmen sein, dass eine starre Grenze, ab wann die tatsächliche Vermutung, dass das Einkommen durch den täglichen Lebensbedarf vollständig verbraucht wird, nicht mehr greifen soll, nicht bestimmt werden kann.

Sinn und Zweck des nachehelichen Unterhalts ist es, dem Unterhaltsberechtigten den während der Ehe erreichten Lebensstandard auch für die Zukunft zu sichern und zu erhalten und vor einem sozialen Abstieg zu bewahren. Da die ehelichen Lebensverhältnisse durch die wirtschaftlichen Verhältnisse mitbestimmt werden, variieren entsprechend auch die Höhen des jeweiligen Bedarfs und der Verbrauch des Einkommens. Ob allerdings ab einer gewissen Einkommenshöhe wirklich noch davon ausgegangen werden kann, dass dieses komplett für den Lebensbedarf verbraucht wird und nicht doch zusätzliches Vermögen gebildet wird, ist fraglich.

Insofern bleibt abzuwarten, ob sich der BGH in naher Zukunft doch noch auf eine feste Einkommensgrenze festlegen wird und damit auch die Diskussionen beendet, ab wann der Bedarf dargelegt werden muss um einen Auskunftsanspruch zu begründen.

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