Arbeitsrecht: Unwirksame fristlose Kündigung bei gleichzeitigem Weiterbeschäftigungsangebot – Annahmeverzug

RA Thomas Backen LL.M., RAe Dr. Hantke & Partner

Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 29. März 2023 – 5 AZR 255/22) kann ein Angebot des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Ausspruch einer fristlosen Kündigung, „zur Vermeidung von Annahmeverzug“ unwirksam sein, wenn er sich widersprüchlich verhält. Hier geht es zur Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts.

Was war passiert?

Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers wegen einer vermeintlichen Pflichtverletzung fristlos gekündigt. Zugleich bot er unter Aufforderung „zum Arbeitsantritt" einen neuen Arbeitsvertrag mit geringer Verantwortung gegen eine verminderte Vergütung an. Der Arbeitnehmer lehnte das Änderungsangebot dankend ab und erschien auch nicht zur Arbeit.

Dies nahm der Arbeitgeber zum Anlass erneut außerordentlich zu kündigen und forderte den Arbeitnehmer auf „im Falle der Ablehnung dieser außerordentlichen Kündigung" erneut „zum Arbeitsantritt" auf. Der Arbeitnehmer kam dem nicht nach. Er hielt die Kündigungen für unwirksam und erhob Kündigungsschutzklage. Sodann hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer „zur Vermeidung eines Annahmeverzugs“ eine Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Bezügen angeboten.

In dem von dem Arbeitnehmer geführten Kündigungsschutzprozess wurde rechtskräftig festgestellt, dass beide Kündigungen das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst haben.

Daraufhin verlangte der Arbeitnehmer mit weiterer Klage Zahlung des arbeitsvertraglich vereinbarten Gehalts abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes bis zum Antritt der neuen Beschäftigung.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG)

Das Arbeitsgericht sowie das Sächsisches Landesarbeitsgericht wiesen die Klage des Arbeitnehmers ab. Das Landesarbeitsgericht begründete, der Arbeitnehmer habe trotz der unwirksamen Kündigungen des Arbeitgebers keinen Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung, weil er das Angebot des Arbeitgebers, während des Kündigungsschutzprozesses bei ihr weiterzuarbeiten, nicht angenommen habe.

Das Bundesarbeitsgericht beurteilte es nun anders als die Vorinstanzen.

Nach der Entscheidung des BAG hat sich der Arbeitgeber aufgrund ihrer unwirksamen fristlosen Kündigungen im Annahmeverzug befunden, ohne dass es eines Arbeitsangebots des Arbeitnehmers bedurft hätte.

Denn da der Arbeitgeber selbst in dem Rechtsstreit davon ausging, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei ihm nicht zuzumuten – zugleich jedoch eine Weiterbeschäftigung im Kündigungsschutzprozess angeboten worden war, spricht wegen seines widersprüchlichen Verhaltens eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er dem Arbeitnehmer kein ernstgemeintes Angebot zu einer Prozessbeschäftigung unterbreitete. Folglich wurde der Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet.

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