Familienrecht: Auskunftsanspruch des Kindes auch bei „unbegrenzter Leistungsfähigkeit“ des Barunterhaltspflichtigen

RAin Julia Studt, RAe Dr. Hantke & Partner

In seiner Entscheidung vom 16.09.2020 (Az.: XII ZB 499/19) hat der BGH herausgestellt, dass ein Auskunftsanspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil auch dann bestehe, wenn sich dieser für unbegrenzt leistungsfähig erklärt habe.

Was war passiert?

Die Antragstellerin ist die im Jahr 2011 geborene Tochter des Antragsgegners. Von der Kindesmutter ist der Antragsgegner im Februar 2014 rechtskräftig geschieden worden. Im Juni 2013 wurde zwischen den Kindeseltern eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen, welche eine bis zum 30.06.2019 befristete Reglung zum Kindesunterhalt – zusammengefasst mit dem Ehegattenunterhalt – enthielt. Ab dem 01.07.2019 verpflichtete sich der Antragsgegner zur Zahlung von 160% des Mindestunterhaltes der Düsseldorfer Tabelle in der jeweils gültigen Fassung entsprechend der jeweiligen Altersstufe und abzüglich des hälftigen Kindergeldes, entsprechend zur Zahlung des Höchstbetrages in der jeweiligen Altersstufe.

Der Antragsgegner erklärte sich zudem in dieser notariellen Urkunde hinsichtlich des Kindesunterhaltes für unbegrenzt leistungsfähig.

Die Antragstellerin begehrte nunmehr im Wege eines Stufenantrages Auskunft über die Einkommensverhältnisse des Antragsgegners. Das Amtsgericht hat im Rahmen eines Teilbeschlusses den Antragsgegner zur Auskunft über sein Einkommen in den Jahren 2016 bis 2018 verpflichtet. Die Beschwerde des Antragsgegners hiergegen hat das OLG München zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner nunmehr mit einer Rechtsbeschwerde.

Entscheidung des BGH

Der BGH hat die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen und einen entsprechenden Auskunftsanspruch der Antragstellerin bejaht.

Ein gesetzlicher Auskunftsanspruch entfalle lediglich dann, wenn die begehrte Auskunft für den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt Bedeutung habe. Dieses sei z.B. der Fall, wenn die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen feststehe und sich der Unterhalt nach festen Bedarfssätzen richte. Bei Überschreiten der höchsten Einkommensgruppe ist der Kindesunterhalt durch die Düsseldorfer Tabelle aber nicht beschränkt nach oben, sondern vielmehr muss eine Prüfung nach den Umständen des Einzelfalles vorgenommen werden. Diese Umstände würden sich insbesondere auch danach richten, welcher Unterhaltsbedarf des Kindes aufgrund der konkreten Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen noch als angemessen anzusehen sei.

Insofern nehmen die Kinder entsprechend ihres Alters auch entsprechend an der wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern teil, wohingegen allerdings ein bloßer Anspruch auf Luxus nicht bestehe. Ob jedoch ein erhöhter Bedarf aufgrund der besseren wirtschaftlichen Situation bestehe oder aber es bereits um Luxus gehe, auf welchen kein Anspruch bestehe, hänge maßgeblich von den Einkommensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen ab. Insbesondere seien die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen jedoch relevant für die Bemessung der Haftungsquoten des Mehrbedarfs, da dieser auch entsprechend anteilig vom betreuenden Elternteil zu tragen ist. Insofern sei allein hierfür eine Kenntnis der Einkommensverhältnisse erforderlich und ein Auskunftsanspruch könne nicht verneint werden, da die Auskunft durchaus Relevanz für die Bestimmung des Bedarfs bzw. auch der Haftungsquoten hinsichtlich des Mehrbedarfs habe.

Insofern ändere auch die Aussage des Unterhaltspflichtigen, dass er unbegrenzt leistungsfähig sei, nichts an der Notwendigkeit der Auskunft. Denn einer solchen Erklärung ist lediglich zu entnehmen, dass der Unterhaltspflichtige auf den Einwand der fehlenden oder begrenzten Leistungsfähigkeit verzichtet und entsprechend von einem Gericht nicht mehr berücksichtigt werden könnte. Hierbei bezieht sich diese Aussage entsprechend nur auf die Leistungsfähigkeit, sage aber noch nichts zu dem konkreten Bedarf, welcher ebenfalls für die konkrete Bestimmung des Unterhaltsanspruchs notwendig ist. Insofern ist bereits die Möglichkeit vorhanden, dass die Auskunft noch entsprechend Auswirkungen auf den Unterhalt haben könnte, wobei diese Möglichkeit für die Bejahung eines Auskunftsanspruchs bereits ausreichend ist.

Der BGH hat jedoch in seinen Entscheidungsgründen auch noch festgehalten, dass er nicht mehr wie noch in früherer Rechtsprechung an dem Gedanken festhalte, dass die Düsseldorfer Tabelle über die höchste Einkommensgruppe nicht mittels der schematischen Quotenmethode fortgeschrieben werden könnte. Allein diese Tatsache hat jedoch aus vorgenannten Gründen nicht ausschließlich zur Bejahung des Auskunftsanspruches geführt.

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