Mietrecht: COVID-19-Pandemie; Mietzahlungspflicht und Kündigungsschutz

RA Wolf-Holger Mitsching, RAe Dr. Hantke & Partner

Die Einschränkungen und Maßnahmen, welche aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen getroffen wurden, belasten insbesondere Vermieter und Mieter und dies sowohl bei Wohnraummietverhältnissen wie auch gewerblichen Mietverhältnissen, dies belegen die aktuellen Zahlen von Mietausfällen (siehe diese Ausgabe).

1.

Vor allem die angeordneten Geschäftsschließungen haben zu einem Verlust der üblicherweise wesentlichen Einnahmequelle von Geschäftslokalen geführt. Aber auch Wohnraummietern sind durch Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit Einnahmeausfälle entstanden, was Auswirkungen auf die Fähigkeit hat, die gesamte Miete fristgerecht zum Monatsanfang zu leisten.
Insbesondere Gewerbemieter haben ihren Vertragspartnern mitgeteilt, dass sie die Miete während der Einschränkungen bzw. der Schließungen nicht mehr entrichten werden. Es stellt sich nun die Frage, ob Mieter berechtigt sind, die laufenden Mietzahlungen auszusetzen oder ob diese gar entfallen. Regelmäßig wird dies mit einer Minderung wegen eines Mietmangels begründet, es wird teilweise auch Unmöglichkeit eingewandt oder man verweist auf die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage.

2.

Eine Berechtigung des Mieters zur Mietminderung ist gegeben, wenn ein wesentlicher Mangel der Mietsache besteht. Wenn aufgrund eines solchen Mangels die Mietsache in Gänze nicht nutzbar ist, kann auch die Mietzahlungspflicht aufgehoben sein. Eine öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeeinträchtigung kann dann einen Sachmangel darstellen, wenn sie an die Beschaffenheit, die Beziehung zur Umwelt oder die Lage des Mietobjekts anknüpft. Sofern jedoch die öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeeinträchtigung auf persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters beruht, liegt kein Sachmangel vor (BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09). Die im März dieses Jahres erlassenen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, welche die Nutzungsmöglichkeit von gewerblichen Mietflächen einschränken, gehören zum Verwendungsrisiko des Mieters und stellen keinen Mietmangel dar.

Hieraus folgt, dass die behördlich angeordneten Geschäftsschließungen nicht als nach Vertragsbeginn entstandener Sachmangel anzusehen sind, sodass ein Mieter nicht berechtigt ist, die Miete aufgrund eines Mangels zu mindern.

Auch der Einwand, der Mieter sei von der Mietzahlung befreit, da es dem Vermieter unmöglich sei, die Mietsache dem Mieter zum Gebrauch zu überlassen, wird nicht erfolgreich sein. Gemäß § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Miete von dem Mieter auch dann zu zahlen, wenn er das Gebrauchsrecht über die Mietfläche aus einem in seiner Person liegenden Grund nicht ausüben kann. Maßgeblich ist insoweit, welcher der Vertragspartner das Gebrauchshindernis zu vertreten hat. Nach der Rechtsprechung sollen hierbei nicht in der Person des Mieters vor allem Fälle höherer Gewalt, Katastrophen, Streiks o. Ä. liegen. Noch von der Rechtsprechung zu klären sein wird, ob es sich bei der aktuellen Pandemie um einen Fall höherer Gewalt handelt. Sollte dies höchstrichterlich bejaht werden, so wäre der Mieter nicht zur Mietzahlung verpflichtet. Zu berücksichtigen wird jedoch sein, dass eine objektive Unmöglichkeit vorliegen muss, es muss somit ein Gebrauchshindernis für jeden möglichen Mieter bestehen, es muss also eine generelle Unerfüllbarkeit gegeben sein. Dies ist jedoch bei den Allgemeinverfügungen bislang nicht der Fall, bestimmte Gewerbe wie Lebensmittelhändler, Tankstellen, Apotheken, Banken etc. können ihr Gewerbe weiterhin in den Mietflächen ausüben.

Selbst wenn die COVID-19-Pandemie einen Fall höherer Gewalt darstellen sollte, dürfte keine generelle Unerfüllbarkeit i. S. d. § 537 BGB vorliegen, sodass auch eine Unmöglichkeit im Rechtssinne nicht gegeben ist.

Zu guter Letzt kann man darüber nachdenken, ob sich durch die Pandemie die Umstände, welche zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag in Kenntnis dieser Situation nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und daher eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB). Fraglich ist zunächst, ob die Mietvertragsparteien die Pandemie und die sich hieraus ergebenen behördlichen Einschränkungen als Geschäftsgrundlage des Mietvertrages angesehen haben. Dies wird regelmäßig nicht der Fall sein, zudem ist zu berücksichtigen, dass § 313 BGB nicht generell für jede Änderung der Umstände Anwendung findet. Vor dem Hintergrund, dass das Verwendungsrisiko jedoch gerade der Mieter trägt, stellt die Möglichkeit zur Nutzung der Gewerbefläche grundsätzlich sein eigenes Risiko dar. Es wird jedoch vertreten, dass von diesen Grundsätzen in extremen Ausnahmefällen abgewichen werden muss. Zu beachten ist jedoch, dass die Regelungen im BGB und insbesondere § 313 keine Lösung für allgemeine Nöte darstellen soll. Vielmehr bedarf es insoweit einer entsprechenden Gesetzgebung, wie sie beispielsweise hinsichtlich des temporären Kündigungsschutzes erfolgt ist. Schlussendlich wird die Anwendbarkeit des § 313 BGB ausgeschlossen sein. Zudem würde dies auch nicht von vornherein einen Erlass der Mietzahlungen ergeben, vielmehr müsste der Mieter mit dem Vermieter eine Vertragsanpassung aushandeln, beispielsweise eine Stundung der Miete.

Die vorgenannten Ausführungen gelten im Ergebnis auch für Wohnraummietverhältnisse, auch dort bleibt die Verpflichtung zur Zahlung der Miete entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen bestehen.

3.

Nachdem der Deutsche Bundestag am 25.03.2020 das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie verabschiedet hat, ist in Bezug auf Mietverträge zu berücksichtigen, dass es unzulässig ist, einen Mietvertrag vor dem 01.07.2022 zu kündigen, wenn der einzige Grund für die Kündigung darin besteht, dass der Mieter seine Miete in der Zeit vom 01.04.2020 – 30.06.2020 nicht bezahlt hat. Die unterlassene Mietzinszahlung muss hierbei ausschließlich auf der Pandemie bzw. ihren Auswirkungen beruhen. Diese Regelungen gelten jedoch ausdrücklich nur für die Kündigung von Mietverhältnissen, die Verpflichtung zur Zahlung der Miete bleibt in Kraft. Der Vermieter kann bei einer verspäteten oder ausbleibenden Zahlung der Miete zusätzlich Verzugszinsen beanspruchen. Bislang ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber beabsichtigt, die erlassenen Regelungen über den 30.06.2020 hinaus zu verlängern.

Fazit

Die Verpflichtung zur Entrichtung des vollen Mietzinses bleibt auch während der Einschränkungen durch die Pandemie bestehen und der Vermieter ist berechtigt, im Falle der Nichtzahlung bei Fälligkeit Verzugszinsen zu beanspruchen, welche gerade bei Gewerbemietverhältnissen nicht unerheblich sein können. Im Hinblick auf den Ausschluss der Kündigung muss der Mieter glaubhaft machen, dass er aufgrund der Pandemie nicht in der Lage ist, seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen. Ausreichend ist insoweit nach einem Rundschreiben des Bundesministeriums der Justiz und Verbraucherschutz der Nachweis der behördlichen Verfügung hinsichtlich Untersagen oder Einschränkung des Betriebes.

Ein Vermieter kann somit verlangen, dass sein Mieter, gleich ob Wohnraum oder Gewerbemieter, die laufenden Mieten zahlt. Falls dies nicht geschieht, kann der Vermieter Verzugszinsen beanspruchen. Eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsrückstand ist jedoch derzeit und für den Fall, dass die Mietrückstände seit April 2020 eingetreten sind, unzulässig. Sollten daneben jedoch weitere Kündigungsrechte bestehen, bleiben diese von dem Gesetz unberührt um eine Kündigung ist möglich.

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