Familienrecht: HansOLG Hamburg – Teilungsversteigerung erst nach Rechtskraft der Ehescheidung möglich?

Annegret HantkeRAin Annegret Hantke, RAe Dr. Hantke & Partner

Durch eine zweifelhafte Entscheidung des Hanseatischen OLG Hamburg (Beschluss vom 28.07.2017, AZ: 12 UF 163/16) ist eine erhebliche Unsicherheit darüber entstanden, ob die Möglichkeit der Teilungsversteigerung erst nach rechtskräftiger Ehescheidung besteht.

Was war passiert?

Die beteiligten Eheleute lebten bereits seit dem Jahr 2011 getrennt, wobei die Ehefrau alleine das gemeinsame Einfamilienhaus bewohnte. Das Einfamilienhaus stand im gemeinschaftlichen Eigentum von je 1/2, wobei das Ehepaar noch über weitere Immobilien verfügte, welche jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen sind. Das Scheidungsverfahren der beiden Eheleute lief auch bereits seit dem Jahr 2011, jedoch war die Ehe noch nicht rechtskräftig geschieden worden.

Der Ehemann stellte einen Antrag auf Teilungsversteigerung, welchem die Ehefrau zunächst auch beitrat. Im Rahmen eines Gutachtens wurde der Verkehrswert der Immobilie dann auf € 2,5 Mio. festgesetzt. Die Ehefrau wand hiergegen ein, dass in einem freihändigen Verkauf Erlöse in Höhe von € 3,5 Mio. erzielt werden könnten, da ihr entsprechende Kaufangebote auch bereits vorliegen würden. Die Durchführung eines freihändigen Verkaufverfahrens wurde von dem Ehemann jedoch abgelehnt, da er mit der anfallenden Vorfälligkeitsentschädigung nicht einverstanden gewesen ist, sodass er das Teilungsversteigerungsverfahren weiterbetrieb.

Hiergegen erhob die Ehefrau Drittwiderspruchsantrag und beantragte, die Teilungsversteigerung der gemeinsamen Immobilie für unzulässig zu erklären. Das AG Hamburg wies den Antrag der Ehefrau zurück. Hiergegen wand sich die Ehefrau mit der Beschwerde an das HansOLG Hamburg, welches ihrer Beschwerde stattgab und die Teilungsversteigerung für unzulässig erklärte.

Als Begründung führte das HansOLG Hamburg aus, dass zwar der § 1365 BGB vorliegend nicht einschlägig sei. Der Ehemann würde mit der Teilungsversteigerung nicht über sein gesamtes Vermögen verfügen, da noch andere Immobilien vorhanden wären, die einen Teil des Vermögens ausmachen würden. Auch § 1353 BGB sei vorliegend nicht einschlägig. § 1353 BGB statiert das Gebot der ehelichen Rücksichtnahme. Jedoch sei vorliegend aufgrund des nunmehr bereits seit sechs Jahren schwebenden Ehescheidungsverfahrens § 1353 BGB nicht mehr anzuwenden. Jedoch widerspräche die Teilungsversteigerung dem Grundsatz von Treu und Glauben. Hieraus würde sich insbesondere der Schutz des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe ergeben, woraus folgen würden, dass während der Trennungszeit der Ehegatten die Herausgabe einer Ehewohnung nicht betrieben werden kann. Der Senat hielt es für geboten, dem Schutz des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe den Vorrang einzuräumen vor dem Verfahren der Teilungsversteigerung. Bis zur rechtskräftigen Ehescheidung bleibe es die eheliche Wohnung und dieses dürfte nicht durch die Teilungsversteigerung unterlaufen werden. Dementsprechend müsse die Teilungsversteigerung für unzulässig erklärt werden.

Stellungnahme:

Der Senat beruft sich mit seiner Entscheidung maßgeblich auf eine Entscheidung des BGH (Beschluss vom 28.09.2016, XII ZB 487/15), in welcher es um die Herausgabe bzw. Veräußerung der Ehewohnung aus dem Alleineigentum ging. Über die Entscheidung des BGH haben wir hier berichtet. Streitgegenständlich war dort ein Anspruch aus § 985 BGB. Zwar führt der Senat aus, dass der BGH in einer anderen Entscheidung bereits festgestellt hatte, dass der Antrag auf Teilungsversteigerung weder eine Verfügung über das Grundstück noch eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung hierzu, jedoch durch den Verlust des Grundstücks wie eine Veräußerung zu behandeln sei. Der Senat verkennt hierbei, dass diese Entscheidung dazu führen würde, dass einer der Eheleute jeweils bis zur rechtskräftigen Ehescheidung jede zwangsweise Auseinandersetzung, also jedes Teilungsversteigerungsverfahren, behindern und torpedieren könnte. Dieses würde allerdings dem Sinn und Zweck des ganzen Verfahrens zuwiderlaufen. Zudem muss beachtet werden, dass im streitgegenständlichen Fall die Ehefrau selbst eine Veräußerung der Ehewohnung befürwortete, allerdings zu ihren Bedingungen im Wege des freihändigen Verkaufs. Der Senat wiegelt dieses jedoch damit ab, dass selbst ein aus der Ehewohnung gewichener Ehegatte noch die Möglichkeit habe, in die Ehewohnung zurückzukehren. Allerdings hinkt der Vergleich, da im vorliegenden Fall sich die Eheleute ja einig sind, die Ehewohnung auflösen zu wollen, nur die Frage des "Wie" ist zwischen ihnen streitig. Sich dann auf den Erhalt berufen zu wollen, scheint da doch eher den Grundsätzen von Treu und Glauben widersprechen zu dürfen.

Außerdem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es der Rechtsprechung entspricht, dass jeder Miteigentümer jederzeit die Auseinandersetzung auf einfachem Wege durchsetzen können soll. Diese Möglichkeit wird den Eheleuten durch die Entscheidung des Senats jedoch vollends genommen. Das HansOLG Bremen ist der Entscheidung des HansOLG Hamburg auch bereits mit Beschluss vom 22.08.2017 (Az. 5 WF 62/17) entgegengetreten. Darüber hatten wir bereits am 30.04.2018 hier berichtet. Weitere Gerichte werden wohl noch folgen, sodass die Entscheidung des HansOLG Hamburg eine Einzelentscheidung bleiben wird.

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