Familienrecht: Abschluss eines Ehevertrages – Ja oder nein?

RA Dr. Gottfried Hantke, RAe Dr. Hantke & Partner

Bei der vorstehenden Frage handelt es sich um ein „juristisches Thema“, welches im besonderen Maße geeignet ist, Emotionen auszulösen. Dies gilt erst recht, wenn dieses Thema im Vorfeld einer beabsichtigten Eheschließung in irgendeiner Weise „auf den Tisch kommt“. Denn im Regelfall sind die Tage und Wochen vor einer beabsichtigten Eheschließung sowieso im höchsten Maße emotional „aufgeladen“ – sei es mit „höchsten Glücksgefühlen“, die sich durch ein Thema „Ehevertrag“ beeinträchtigt fühlen könnten, oder auch mit der bekannten „Panik“, die vielleicht den einen oder anderen der Partner befällt, ob die bevorstehende Eheschließung wirklich die richtige Entscheidung ist – oder möglicherweise doch nicht. Bekanntlich sind Emotionen grundsätzlich nicht geeignet, bei der Klärung rechtlicher Fragen zu helfen. Deswegen soll es die Aufgabe der nachstehenden Ausführungen sein, selbst in der Situation unmittelbar vor einer Eheschließung einen emotionsfreien Blick auf das Rechtsinstitut des „Ehevertrages“ zu werfen. Gleichzeitig können aber auch – möglicherweise – Vorurteile ausgeräumt werden, die man leider immer wieder – und viel zu oft – bei der Diskussion um dieses Thema antrifft. In diesem Sinne Folgendes:

1.

Um von vornherein nicht der Diskriminierung verdächtigt zu werden: Nachstehende Ausführungen gelten in gleicher Weise auch für Partnerschaftsverträge – für den Fall der Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Insoweit sind vom Gesetzgeber schon seit langem die gleichen rechtlichen Möglichkeiten eröffnet wie für Eheverträge im herkömmlichen Sinne – ganz abgesehen von der inzwischen noch zusätzlich eröffneten Möglichkeit der „Ehe für alle“. Ansonsten dürften auch die eingangs gemachten Ausführungen in gleicher Weise gelten, was die angesprochenen Emotionen betrifft.

2.

Ein Ehevertrag – oder auch ein Partnerschaftsvertrag – ist niemals etwas grundsätzlich „Böses“, genauso aber auch nicht etwas grundsätzlich „Gutes“. Dies möchte ich deswegen ebenfalls schon gleich zu Anfang ansprechen, weil es oft – leider – schon als Zumutung empfunden wird, wenn vor einer beabsichtigten Eheschließung auch nur das Wort „Ehevertrag“ fällt – oder einer der Partner, der sich über diese Frage Gedanken macht, wagt es aus vermeintlicher „Rücksichtnahme“ nicht, das Thema überhaupt anzusprechen.

Ein Ehevertrag – oder ein Partnerschaftsvertrag – eröffnet lediglich Möglichkeiten zur rechtlichen Regelung künftiger – etwaiger – Streitpunkte. So kann ein künftiger Streit über solche Punkte von vornherein vermieden werden. Eine solche Möglichkeit kann als solche sicherlich nur als positiv bewertet werden.

Die Frage, ob die dann gefundenen Regelungen als „gut“ oder „böse“ zu bewerten sind, hängt dagegen ausschließlich davon ab, mit welchem Inhalt eine vertragliche Regelung dann auch tatsächlich getroffen wird. Man wird allerdings auch sagen können, dass es wirklich „böse“ Eheverträge heute eigentlich nicht mehr gibt, zumindest nicht mehr geben sollte.
Denn rechtswirksam kann ein Ehevertrag – genauso auch ein Partnerschaftsvertrag – nur vor einem Notar geschlossen werden. Diesen treffen Fürsorge- und Beratungspflichten grundsätzlich in gleicher Weise gegenüber beiden Vertragsschließenden. Hierbei muss der Notar insbesondere auch die Rechtsprechung beachten, die sich inzwischen – aus negativen Erfahrungen aus früherer Zeit mit dem Abschluss solcher Verträge – entwickelt hat. Kurz gefasst: Es muss schon bei Abschluss des Vertrages vom Notar darüber belehrt werden, dass jeder Vertrag im Streitfall der Rechtswirksamkeitskontrolle durch die Gerichte unterliegt mit der von vornherein absehbaren Folge, dass jede vertragliche Regelung, durch die eine der beiden Seiten unverhältnismäßig benachteiligt wird, dieser Rechtswirksamkeitskontrolle durch die Gerichte nicht standhalten würde. Wenn aber der Notar bei der Vertragsbeurkundung diese Belehrungen standardmäßig auszusprechen verpflichtet ist, sollte dies zumindest eine „Bremse“ beinhalten, was die Beurkundung von Verträgen betrifft, die eine solche unverhältnismäßige Belastung für die eine oder für die andere Seite beinhalten könnten. Daneben gibt es auch noch die sogenannte „Ausübungskontrolle“ durch die Gerichte für den Fall, dass sich die Umstände geändert haben oder sich anders entwickeln, als dies die Vorstellung der Vertragsschließenden zum Zeitpunkt der Beurkundung gewesen ist. Dies ist noch ein zusätzlicher Punkt, um „böse“ Eheverträge möglichst gar nicht erst bis zu einer notariellen Beurkundung gelangen zu lassen.

3.

Ich habe in früherer Zeit den Standpunkt vertreten, dass zumindest im „Normalfall“ eines jungen Paares, welches sich im Anschluss an die Eheschließung eine gemeinsame Existenz erst einmal aufbaut, schon fast als „Regel“ vom Abschluss eines Ehe- oder Partnerschaftsvertrages abgesehen werden kann. Denn das gesetzliche geregelte Familienrecht würde eigentlich für alle möglichen Entwicklungen – in der beschriebenen Situation – praktikable Regelungen vorsehen, ohne dass insoweit Abweichungen vereinbart werden müssten. Diesen Standpunkt kann ich allerdings heute nur noch eingeschränkt aufrechterhalten. Denn zumindest wenn Kinder geboren werden, kann das inzwischen „modernisierte“ Unterhaltsrecht zu erheblichen Nachteilen für denjenigen Partner/in führen, der – oder die – wegen dieser Kinder seine eigene berufliche Entwicklung zurückstellt. Den von mir so bezeichneten „Normalfall“ muss ich demgemäß heute auf Situationen beschränken, wo ein junges Paar im Anschluss an die Eheschließung eine gemeinsame Existenz aufbaut, aber keine Kinder geboren werden oder trotz der Geburt von Kindern keiner der Partner seine berufliche Entwicklung einschränkt oder zurückstellt – oder beide Partner dies in gleicher Weise tun. Lediglich in diesen Fällen könnte ich auch heute noch den Standpunkt vertreten, dass man auf eine vertragliche Regelung verzichten kann, weil ausreichende und auch sachlich angemessene gesetzliche Regelungen vorliegen.

Anderes gilt dagegen in jedem Fall schon dann, wenn Kinder geboren werden und die Ehepartner – was im Grundsatz vernünftig erscheint – per „Arbeitsteilung“ Regelungen leben, die zumindest einen Partner in seiner beruflichen Entwicklung einschränken. Schon dann sollte eine ehevertragliche Regelung zumindest zur Frage künftiger Unterhaltsansprüche der Ehepartner untereinander angestrebt werden, damit beide wissen, was sie erwartet, wenn die Ehe scheitern sollte. Denn soweit es Jahre später – im Streitfall – darauf ankommen soll, in welchem Umfang ein Partner tatsächlich „ehebedingte Nachteile“ erlitten hat, ist es kaum möglich, das Ergebnis vorauszusagen, was dann dieser – benachteiligte – Ehepartner tatsächlich als Ausgleich für die bei ihm entstandenen Nachteile noch erwarten kann.

4.

Neben diesem Punkt „Unterhaltsregelung bei einer einvernehmlich gewollten Arbeitsteilung“ wird dann eine vertragliche Regelung als solche unverzichtbar, sowie noch weitere Abweichungen vom vorstehend definierten „Normalfall“ vorliegen. Dies gilt vor allem bei Besonderheiten im Vermögensbereich als da sind Firmenbeteiligungen, größere Erbschaften – schon angetreten oder zu erwarten – oder auch Zuwendungen während der Ehe von Dritten in größerem Umfang. Nur als Beispiel sei die Situation erwähnt, dass Eltern einem Kind ein Grundstück schenken oder Geld, um ein Grundstück zu erwerben. Es genügt dann nicht, dass das Grundstück nur auf den Namen des betreffenden Kindes erworben wird und es genügt auch nicht, dass die Geldzuwendung bzw. das geschenkte Grundstück als sogenanntes „Anfangsvermögen“ bei einem etwaigen Zugewinnausgleich schon nach der gesetzlichen Regelung außer Betracht bleiben. Denn zumindest eine Wertsteigerung des Grundstücks in der Ehezeit würde in den sogenannten „Zugewinnausgleich“ fallen. Der – vielleicht sogar ungetreue – andere Ehepartner erwirbt also einen Anspruch auf Auszahlung der Hälfte der während der Ehe eingetretenen Wertsteigerung, obwohl das Grundstück gar nicht verkauft, die Wertsteigerung also auch gar nicht realisiert wird – und sich in Zukunft vielleicht sogar wieder „verflüchtigt“, weil die Grundstückspreise fallen – und das Grundstück auch noch zum weiteren Wohnen für die „Restfamilie“ benötigt wird. Nur ein Ehevertrag kann hier helfen und es kann wohl niemand sagen, dass ein solcher Ehevertrag „böse“ wäre, weil er den anderen Partner von einer Beteiligung an einer solchen Wertsteigerung ausschließt, erst recht wenn diese „nur auf dem Papier“ stattgefunden hat. Vertraglich kann man im Übrigen auch anderes regeln, auch z.B. dass ein Ausgleich zu zahlen ist, wenn das betreffende Grundstück doch verkauft wird – wenn man meint, dass eine solche Regelung eher „gerecht“ sein würde. Das Wesentliche ist aber: Es wird eine Regelung getroffen, nach der beide Seiten wissen, wie zu dem betreffenden Punkt zu verfahren sein wird, wenn die Ehe scheitern sollte. Zumindest ein Streit über diesen Punkt würde also von vornherein ausgeschlossen sein – und es soll ja auch noch Ehen geben, die nicht scheitern.

Allein an diesem Beispielsfall wird aber deutlich, wie wichtig eine vertragliche Regelung zumindest dann ist, wenn kein „Normalfall“ mehr vorliegt und dies ist öfter zu bejahen als man denken möchte. Denn schon der vorstehend angesprochene „Beispielsfall“ dürfte keinesfalls selten sein. Sachgerechte Regelungen können im Einzelfall und im Einvernehmen der Beteiligten erarbeitet werden.

Hierzu ist aber zum einen eine sachkundige Beratung unbedingt notwendig. Zum anderen darf man nicht von vornherein eine „Scheu“ davor haben, dieses Thema rechtzeitig anzusprechen. Insbesondere Letzteres wird vielleicht nach einem Lesen der vorstehenden Ausführungen nicht mehr so häufig vorkommen.

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