Klausel für Fernabschaltung einer Autobatterie ist unwirksam – BGH XII ZR 89/21 vom 26.10.2022

RA Dr. Kühnemund, RAe Dr. Hantke & Partner

Recht soll das Leben der Menschen gestalten und ordnen. Manchmal entwickelt sich das Leben aber schneller als das Recht.

Seit vielen Jahren schon bietet ein namhafter Autohersteller Elektrofahrzeuge an, bei denen man als Käufer eigentlich nur das Auto kauft. Die Batterie mietet man und zahlt dafür regelmäßige monatliche Beträge. Das kann technisch Sinn machen, wenn die Batterie mit zunehmenden Ladezyklen ihre Kapazitäten einbüßt und der Nutzer dann alle zwei Jahren eine neue Batterie bekommt.

Der Vermieter dieser Batterien, eine französische Bank, hatte ich nun etwas einfallen lassen für den Fall, dass der Mieter (mwd, ohne Diskriminierungshintergedanken verwende ich nachfolgend nur die maskuline Form) die monatlichen Mieten nicht zahlte. Für diesen Fall sahen die Geschäftsbedingungen vor, dass die Bank im Falle einer außerordentlichen Kündigung nach entsprechender Ankündigung die Auflademöglichkeiten für diese Batterie sperren konnte. Das sollte wohl, so läßt es sich der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs entnehmen, mittels Fernabschaltung geschehen. Eigentlich technisch klug gedacht: Der Mieter zahlt nicht, also kann er die Batterie auch nicht mehr laden - und sein Fahrzeug damit nicht mehr bewegen.

Dem hat der Bundesgerichtshof mit einer Entscheidung vom 26.10.2022 (XII ZR 89/21) einen Riegel vorgeschoben und diese Vertragsklausel für unwirksam erklärt. Die Pressemeldung des BGH vom heutigen Tage lautet auszugsweise: " Die streitgegenständliche Klausel stellt jedenfalls eine einseitige Vertragsgestaltung dar, mit der die Beklagte missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten der Mieter durchzusetzen versucht, ohne deren Interessen angemessen zu berücksichtigen. Durch die allein in der Macht des Vermieters liegende Sperrmöglichkeit wird die Last, sich die weitere Nutzung zu sichern, auf den Mieter abgewälzt. Darin liegt jedenfalls dann eine unangemessene Benachteiligung des Mieters als Verbraucher, wenn dieser die Weiterbenutzung seines - gesondert erworbenen, geleasten oder gemieteten - E-Fahrzeugs im Streitfall nur durch gerichtliche Geltendmachung einer weiteren Gebrauchsüberlassung der Batterie erreichen kann. Zwar liegt es grundsätzlich im berechtigten Interesse des Vermieters, dass er nach wirksamer Beendigung des Mietvertrags die weitere Nutzung des Mietobjekts unterbinden kann. Auf der anderen Seite steht aber das Interesse des Mieters, sich die weitere Vertragserfüllung zu sichern. Dieses ist jedenfalls dann als berechtigt anzuerkennen, wenn die Wirksamkeit der Kündigung zwischen den Vertragsparteien streitig ist. Beruft sich etwa der Mieter auf eine Mietminderung oder ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln, so läuft er Gefahr, dass der Vermieter ungeachtet dessen die Kündigung erklärt und das Mietobjekt per Fernzugriff sperrt. Das gewinnt insbesondere dann an Bedeutung, wenn das Mietobjekt und dessen fortgesetzte Nutzung für den Mieter von erheblichem Interesse sind.

Dementsprechend ist die gesetzliche Risikoverteilung beim Mietverhältnis dadurch geprägt, dass der Vermieter aufgrund der Überlassung des Mietobjekts grundsätzlich das Risiko der nach Mietvertragsbeendigung fortgesetzten (Ab-)Nutzung trägt. Dagegen kann er sich durch Vereinbarung einer Mietkaution absichern. Außerdem steht ihm ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546 a BGB zu. Die streitgegenständliche Klausel erlaubt dagegen einen Zugriff auf die Batterie und mittelbar auch auf das E-Fahrzeug, das für den Mieter infolge der Batteriesperrung nutzlos wird. Dadurch, dass die Batterie herstellergebunden und mit dem E-Fahrzeug verknüpft ist, hat der Mieter keine zumutbare Möglichkeit, die gesperrte Batterie durch ein anderes Fabrikat zu ersetzen, um das E-Fahrzeug weiter betreiben zu können. Mit dem E-Fahrzeug wird somit neben der Batterie ein wesentlich höherwertiger Vermögensbestandteil für ihn unbrauchbar bzw. ein Nutzungsrecht daran entwertet. Hinzu kommt, dass das längerfristig angeschaffte bzw. gesondert gemietete oder geleaste E-Fahrzeug vom Mieter nicht selten beruflich genutzt wird und regelmäßig auch für die private Lebensgestaltung von wesentlicher Bedeutung ist.

Wenn unter diesen Umständen bei einem Streit über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung abweichend von der gesetzlichen Risikoverteilung die Klagelast durch allgemeine Geschäftsbedingungen auf den Mieter abgewälzt werden soll, verstößt die entsprechende Klausel gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB. Denn der mit der Sperrung einhergehende Ausschluss von der Nutzung der Batterie und folglich auch des E-Fahrzeugs geht mit seinen Wirkungen über die Batterie als Mietobjekt wesentlich hinaus. Eine solche Gestaltung lässt sich auch nicht durch das Interesse der Beklagten an der Sicherung gegen den mit der Abnutzung der Batterie nach Vertragsbeendigung verbundenen Vermögensschaden rechtfertigen."

Über die Frage, ob eine solche Fernabschaltung beim Mieter sog. Besitzschutzansprüche auslöse, oder aber ob der Vermeiter aufgrund seiner Zugriffsmöglichkeiten ggf. Mitbesitzer der Batterie geblieben wäre, musste der BGH somit nicht entscheiden.

Die vollständige Pressemitteilung finden Sie hier.

 

 

 

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