Medizinrecht: Honorarärzte im Krankenhaus sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig

RAin Krystyna Schurwanz, RAe Dr. Hantke & Partner

Können Ärzte als so genannte Honorarärzte in einem Krankenhaus als freie Mitarbeiter tätig sein, mit der Folge, dass sie nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen?

Der Begriff des Honorararztes ist gesetzlich nicht definiert. Die beteiligten Ärzte und Krankenhäuser verstehen die Tätigkeit als selbstständige, freie Mitarbeit. Honorarärzte werden häufig nebenberuflich oder für eine Vielzahl von Auftraggebern, zeitlich auf Tage oder wenige Wochen befristet auf Basis individuell vereinbarter Einsätze und Dienste tätig. Oft werden sie über Agenturen vermittelt und arbeiten für einen vorher festgelegten Stundensatz, der üblicherweise deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten angestellten Arztes liegt. Die Verfahren betreffen Tätigkeiten im Operationsdienst, mit einem Schwerpunkt bei der Fachgruppe der Anästhesisten, im Stationsdienst am Tag und/oder im Bereitschaftsdienst nachts und am Wochenende.

Die für die Beurteilung von Sozialversicherungspflicht zuständigen Rentenversicherungsträger und ihnen ganz überwiegend folgend die Landessozialgerichte haben Sozialversicherungspflicht aufgrund Beschäftigung angenommen, weil die Ärzte in den Krankenhausbetrieb eingegliedert und weisungsgebunden gewesen seien. Die Tätigkeit prägende unternehmerische Risiken lägen nicht vor.

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat am 04.06.2019 entschieden, dass Honorarärzte im Krankenhaus regelmäßig sozialversicherungspflichtig sind. Das lässt sich der Pressemitteilung vom 04.06.2019 entnehmen. Die schriftliche Entscheidung des Gerichts (Az. B 12 R 11/18) ist bisher noch nicht veröffentlicht.

Bei einer Tätigkeit als Arzt sei eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht von vornherein wegen der besonderen Qualität der ärztlichen Heilkunde als Dienst "höherer Art" ausgeschlossen. Entscheidend sei, ob die Betroffenen weisungsgebunden beziehungsweise in eine Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Letzteres sei bei Ärzten in einem Krankenhaus regelmäßig gegeben, weil dort ein hoher Grad der Organisation herrscht, auf die die Betroffenen keinen eigenen, unternehmerischen Einfluss haben. So sind beispielsweise Anästhesisten bei einer Operation in der Regel Teil eines Teams, das arbeitsteilig unter der Leitung eines Verantwortlichen zusammenarbeiten muss. Auch die Tätigkeit als Stationsarzt setzt regelmäßig voraus, dass sich die Betroffenen in die vorgegebenen Strukturen und Abläufe einfügen. Im vorliegenden Fall war die Ärztin wiederholt im Tag- und Bereitschaftsdienst und überwiegend im OP tätig. Hinzu komme, dass Honorarärzte ganz überwiegend personelle und sachliche Ressourcen des Krankenhauses bei ihrer Tätigkeit nutzen. So war die Ärztin hier nicht anders als beim Krankenhaus angestellte Ärzte vollständig eingegliedert in den Betriebsablauf. Unternehmerische Entscheidungsspielräume seien bei einer Tätigkeit als Honorararzt im Krankenhaus regelmäßig nicht gegeben. Die Honorarhöhe sei nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien und vorliegend nicht ausschlaggebend. Ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen habe keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Versicherungspflicht. Sozialrechtliche Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht könnten nicht außer Kraft gesetzt werden, um eine Steigerung der Attraktivität des Berufs durch eine von Sozialversicherungsbeiträgen "entlastete" und deshalb höhere Entlohnung zu ermöglichen.

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