Baurecht: Wie ist der Schadenersatzanspruch des Erwerbers bei verspäteter Fertigstellung des Bauvorhabens zu errechnen?

Bernd GildemeisterRA Bernd Gildemeister, RAe Dr. Hantke & Partner

Gerät der Bauträger mit der Übergabe der Wohnung in Verzug, ist der Erwerber im Rahmen des Schadenersatzes so zu stellen, wie er stünde, wenn der Bauträger die Wohnung termingerecht übergeben hätte. Bei der Bewertung der verzugsbedingten Nachteile dürfen die Nachteile, die dem Erwerber wegen der Vorenthaltung der Wohnung entstehen, nicht mehrfach in Ansatz gebracht werden (vgl. Kammergericht, Urteil vom 15.05.2018, AZ: 21 U 90/17).

Verspricht der Bauträger dem Erwerber im Bauträgervertrag die bezugsfertige Fertigstellung der Wohnung zu einem bestimmten Termin oder innerhalb einer bestimmen Bauzeit z.B. ab Erteilung der Baugenehmigung oder ab Baubeginn, so gerät der Bauträger gemäß § 286 BGB in Verzug, wenn er diesen im Vertrag zugesicherten oder errechenbaren Fertigstellungstermin schuldhaft überschreitet. Nichts anderes gilt, wenn der Bauherr durch einen Generalunternehmer auf seinem eigenen Grundstück ein Haus schlüsselfertig errichten lässt.

Sehr viel schwieriger ist es, wenn im Bauträgervertrag bzw. im Hausbauvertrag kein bestimmter Fertigstellungstermin bzw. keine bestimmte Bauzeit verbindlich vereinbart wurde. Dann muss die übliche Bauzeit aus vom Unternehmer zu vertretenden Gründen überschritten sein und der Unternehmer gerät erst in Verzug, wenn der Bauherr bzw. Erwerber dem Unternehmer nach Ablauf dieser üblichen Bauzeit eine Mahnung zukommen lässt. In diesen Fällen ist jedoch äußerst problematisch, welche Bauzeit als übliche Bauzeit zugrunde zu legen ist. Deshalb ist es wichtig, mit dem Bauträger bzw. Generalunternehmer einen verbindlichen Fertigstellungstermin bzw. eine verbindliche Bauzeit zu vereinbaren.

Für alle ab dem 01.01.2018 geschlossenen Verbraucherbauverträge bzw. Bauträgerverträge ist dieses gemäß § 650k Abs. 3 BGB zwingend vorgeschrieben. Das heißt, der Generalunternehmer bzw. Bauträger ist verpflichtet, im Hausbauvertrag bzw. Bauträgervertrag einen bestimmten Fertigstellungstermin – bzw. wenn dieser zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bauvertrages nicht angegeben werden kann – eine bestimmte Bauzeit anzugeben. Enthält der Vertrag diese Angaben nicht, werden die vorvertraglich in der Baubeschreibung übermittelten Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Werkes oder zur Dauer der Bauausführung Inhalt des Vertrages.

Fehlen diese Angaben, ist der Vertrag nicht unwirksam. Vielmehr ist die Bauzeit bzw. der Fertigstellungstermin dann gemäß § 650k Abs. 2 BGB durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln, wobei Unklarheiten zu Lasten des Bauträgers bzw. Generalunternehmers gehen.

Vorteilhaft ist es für den Bauherrn bzw. Erwerber, wenn im Bauträgervertrag bzw. Hausbauvertrag nicht nur ein bestimmter Fertigstellungstermin vereinbart wird, sondern auch eine Vertragsstrafe für jeden Tag der schuldhaften Überschreitung dieses Fertigstellungstermins. Dann kann der Erwerber bzw. Bauherr seinen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Bauträger bzw. Generalunternehmer ganz einfach dadurch geltend machen, dass er die vertraglich vereinbarte Vertragsstrafe mit den Tagen des Bauverzuges bzw. den Wochen oder Monaten des Bauverzuges multipliziert.

Der Erwerber bzw. Bauherr kann den ihm entstehenden Verzugsschaden aber auch konkret berechnen und zwar nicht nur, wenn im Bauträgervertrag bzw. Hausbauvertrag keine Vertragsstrafe vereinbart worden ist. Zu beachten ist allerdings, dass auf einen konkret berechneten Schaden eine etwa verwirkte Vertragsstrafe anzurechnen ist. Das heißt, Vertragsstrafe und konkret nachgewiesener Schaden können nicht kumuliert geltend gemacht werden.

Schäden, die dem Erwerber bzw. Bauherrn durch die verspätete, bezugsfertige Herstellung der Wohnung bzw. des Hauses entstehen, sind typischerweise:

  • Die für den Verzugszeitraum anfallenden Mietkosten für die bisherige Wohnung,
  • etwaige, zusätzliche Fahrtkosten, die dadurch entstehen, dass der Umzug noch nicht erfolgen konnte,
  • etwaige Hotelunterbringungskosten bzw. Zwischenlagerungskosten für die Möbel, wenn der Erwerber bzw. Bauherr im Vertrauen auf die Einhaltung des Fertigstellungstermins seine bisherige Wohnung gekündigt bzw. verkauft hat und die bisherige Wohnung zum zugesagten Fertigstellungstermin räumen muss.
  • Finanzierungskosten, wie z. B. Bereitstellungszinsen, weil aufgrund fehlender Fertigstellung die letzten Zahlungsraten vom Darlehensgeber noch nicht abgerufen werden konnten. Darüber hinaus sind als Schaden auch für die Dauer des Verzuges die Zinsen für das bereits abgerufene Darlehenskapital anzusetzen. Denn grundsätzlich beginnt die Tilgungsphase eines Annuitätendarlehens erst mit der vollständigen Auszahlung der Darlehensvaluta, sodass sich die Tilgungszeit regelmäßig um die Dauer der verzögerten Fertigstellung des Bauvorhabens verlängert.
  • Erstattungsfähig können auch Anwaltskosten sein, wenn der Erwerber bzw. Bauherr nach Eintritt des Verzuges des Bauträgers bzw. Generalunternehmers einen Anwalt einschaltet.
  • Erstattungsfähig können schließlich auch Sachverständigenkosten sein, wenn Streit über die bezugsfertige Herstellung des Objektes besteht und der Erwerber deswegen berechtigterweise einen Sachverständigen hinzugezogen hat, um die Frage der Bezugsfertigkeit zu klären. Die Kosten sind natürlich nur erstattungsfähig, soweit das Gutachten zutreffend die mangelnde Bezugsfertigkeit bestätigt.
  • Schließlich kann der Erwerber auch eine Nutzungsausfallentschädigung für die nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellte Wohnung geltend machen. Insoweit ist aber zu beachten, dass diese Nutzungsausfallentschädigung selbstverständlich auf einen etwa konkret geltend gemachten Mietschaden für die weitere Anmietung der bisherigen Wohnung anzurechnen ist. Auch insoweit darf also keine Kumulierung des Schadens erfolgen.

zurück

Veröffentlicht in Aktuelles und verschlagwortet mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , .