Mietrecht: Mieterhöhung gestützt auf Sachverständigengutachten (BGH VIII ZR 190/17)

Michael HeinzRA Michael Heinz, RAe Dr. Hantke & Partner

Kann ein Gutachten relevant sein, wenn der Gutachter die Wohnung nicht besichtigt hat?

Um die Miete für eine Wohnung wirksam zu erhöhen, ist der Vermieter gehalten, bestimmte formale Voraussetzungen einzuhalten. Wenn der Vermieter die Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete anpassen will, muss er die Erhöhung begründen. Gesetzlich sind dafür (in § 558 Abs. 2 BGB) mehrere Wege vorgesehen, wovon die Bezugnahme auf den örtlichen Mietenspiegel am bekanntesten sein dürfte. Es ist aber neben der Benennung von Vergleichswohnungen auch die Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten möglich.

Für den Vermieter einer einzelnen Wohnung kommt das Sachverständigengutachten als Begründungsmittel für eine Mieterhöhung als zu teuer wohl kaum in Betracht. Geht es aber um die Mieterhöhung in einem größeren Mehrfamilienhaus, werden Sachverständigengutachten manchmal verwendet. Je weniger Wohnungen der Sachverständige dafür besichtigen muss, umso günstiger kann er sein Gutachten anbieten. Wenn allerdings der Sachverständige die konkrete Wohnung nicht kennt, wird den Mieter das Gutachten nicht so leicht überzeugen.

Bislang war davon auszugehen, dass der Sachverständige zumindest eine Wohnung gleicher Art besichtigt haben musste (Typengutachten). Davon ist der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 11.07.2018 (BGH VIII ZR 190/17) ausdrücklich abgerückt und hat festgestellt, dass ein Gutachten zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens auch verwendet werden kann, wenn der Sachverständige weder die fragliche Wohnung noch eine vergleichbare Wohnung besichtigt hat.

Das mag überraschen, folgt aber dem Trend, bei den formalen Anforderungen an ein Mieterhöhungsverlangen weniger streng zu sein. Auch bei der Benennung von Vergleichswohnungen ist es nicht erforderlich, dass diese der fraglichen Wohnung in allen Parametern gleichen. Richtig ist natürlich, dass auf dieser formalen Ebene noch keine Entscheidung darüber getroffen ist, ob die Mieterhöhung in der Sache auch berechtigt ist, darüber muss das Gericht im Zweifel entscheiden.

Wie allerdings der Mieter in die Lage versetzt werden soll, sich eine Meinung zu bilden, ob das gegen ihn gerichtete Mieterhöhungsverlangen berechtigt ist oder nicht, wenn der Sachverständige die Wohnung noch nicht einmal gesehen hat, steht im Raum.

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